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Recipient Ferenc Széchényi
Place of Writing Világos
Date 1810. September 12.
Language German
Tag military
Location of Preservation MNL OL P 623 A-I.-9.-No.41/7.
Place of Publication Zichy 46-48.
Classification Original
Content Summary

He wonders at his father’s reproach that he answered only one letter, when in fact he answered all five letters he received from home, and sent home six letters from Világos alone, and has postal receipts for 11 letters in all. He has also received the two letters posted from the Lichtenstein house, and has already replied to them in his 12th letter four days earlier. This morning he received the thousand forints, he thanks his father again. He can imagine that Szalay’s statements are for a rather large sum. If his father had known the pain his letter would cause, he would not have written it. He would not have invited his officers if he had suspected that he would be looked upon as a stranger at home. He does not try to win the love and respect of his superiors and fellow troublemakers with a few dishes of food or a glass of wine. He does good not to make friends, but because he regards all men as his friends. He tries to manage his money, but he is still inexperienced. He doesn’t mind being watched more closely by his father; his actions withstand scrutiny by the whole world.

Ferenc Széchényi

Világos den 12 September

1810

Euer Gnaden, Liebster Bester Vater!

Mit großen Erstauenen empfange ich heute Euer Gnaden ihren Brief de Dato 19 August,[a] wo Euer Gnaden mir sagen, daß ich nur auf einen Euer G[1] ihrer Briefe, nämlich auf den von Csokonya geantwortet hätte: ich war so glücklich, von meinen Besten Vatern schon 5 Briefe zu bekommen, die ich alle trödelich beantwortete, und außerdem nur von hier noch 6 schrieb; ob und wann sie ihren Zweck, in meines Besten Vaters Hände[2] zu gerathen, ereichen werden, weiß ich nicht. — Gott sey Dank, daß ich das atestat[3] von der Post habe, von hier schon 11 Briefe[b] an Euer Gnaden geschickt zu haben Mir wäre es auch um jeden meiner Briefe leid, da ich in keinen vergaß meine kindliche Anhänglichkeit und Liebe zu versichern, in keinen für alle Gnaden, die ich täglich empfange, herzlich zu danken. — Die andern 2 Briefe die durch das Haus Liechtenstein expedirt worden sind, habe ich auch richtig empfangen, und durch meinen 12[4] Brief den ich vor 4 Tägen abgeschickt habe beantwortet. Heute Früh bekam ich die 1000 fl[5] durch einen Lieutenant der in Grosswardein war, und eben izt[6] zurück kam. Ich danke noch einmahl herzlich für diese Hülfe. und verspreche damit so lang damit auszukommen als möglich. — Liebster Bester Vater die Rechnungen des Szalay[c] werden ziemlich groß ausgefallen seyn, dieß kann ich mir vorstellen; da bey solcher Gelegenheit jeder — doch nein, – lieber will ich selbst leiden und verhaßt seyn, als einen alten getreuen Diener, der so oft seine Anhänglichkeit bewieß, anzuklagen: wenn ich auch Beweise hätte, so würde ich doch schweigen, mehr bin ich schon von Jugend auf des Leidens gewöhnt.[d] — Bester Vater, wenn Euer Gnaden gewußt hätten wie mich dieser Brief schmerzen wird, unmöglich hätten ihm Euer Gnaden schreiben können.[e] — Den einzigen Trost, das einzige Glück, die einzige Freude die ich hatte, mich von meinen Ältern geliebt zu wissen raubt man mir, — und wer — Mein Vater. — Hätte ich gewust, daß man mich in Väterlichen Haus als Fremden betrachtet, nie hätte ich mich unterstanden, ein paar Officiere, die auch so gefällig waren, auf den langen Marsch mich öfters zu sich zu rufen. einzuladen. — in die Zukunft verspreche ich, nie mich so einer verwogenheit[7] schuldig zu machen. — Die Danksagung in Nahmen der Officiere, die ich nicht in meinen sondern in meines Besten Vaters nahmen bewirthete. er folgte in 2 Briefen: ob sie Euer Gnaden, empfangen haben[f] oder nicht, weiß ich nicht zu sagen. — Der Eintritt in das Regiment glaube ich, ist wegen ein Mitagmahl noch nicht verdorben, und ich schmeichle mir, von allen meinen Vorgesetzten und Cameraden geliebt und geschätzt zu werden: die ich wirklich auf keine Weise suche. Durch ein paar Speißen oder ein Klaß[8] Wein zu gewinnen. da Sie und ich das Essen und trinken wirklich für das kleinste Glück halten. — Ich war nie gewohnt einen Menschen wer es auch immer wäre nur durch ein gutes Wort gewinnen zu suchen, meine Schuldigkeit habe ich bis izt,6 denke ich, immer gethan, und auch hinführ werde ich sie immer thun: und verschaffe ich mir hiedurch Freunde, so ist es gut, — wo nicht — mein Gewissen bleibt ruhig. — Braucht einer Hülfe die ich leisten kann, gerne und willig thue ich es, die folgen die mir vieleicht einstens schmerzhaft seyn werden berechne ich nicht. den[9] von der andern Seite ist ja die Freude gut gethan zu haben, die den kleinen Schmerz oh um wie viel überwiegt: — ich thue gutes wo ich kann, um mir Freunde zu verschaffen, oh nein — ich weiß ja, daß eine Guthat nur undankbahre Herzen gebährt: und doch thue ich es — da alle Menschen meine Freunde sind, und seyn müssen. — Ich verfahrr mit dem Gelde was ich aus Gnaden meiner Ältern empfange, so gescheid[10] als möglich, daß ich damit nicht so klug umgehen kann als ich selbst wünschte, und als es ein bejahrter Mann kann: ist natürlich, und schmerzt mich dennoch, allein ich gebe mir Mühe, meine kleine Hausocconomie so einzurichten, daß ich gut, angenehm, und sparsam soll leben können. — Liebster Bester Vater, verzeihen Euer Gnaden meine vieleicht zu sehr verwegene Offenherzigkeit mit der ich schreibe und mich ausdrücke, allein dieses bedrängte und verkannte Herz, was in mir schlägt, und um Erleichterung seufzt, muß ich ausschütten. — wem könnte ich auch besser meinen Schmerz, den ich über diesen letzten Brief fühlen muß, klagen, als meinen Vatern, den ich doch für seine Freundschaft und Liebe herzlich danke da er mich gewiß nicht so tief hat kränken wollen. — Durch diesen letzten Pester Sejour[11] schreibt mein theurer Vater wird er auf meine künftige Lebensweise Aufmerksam seyn müssen: gerne willige ich ein, jedermann nicht nur mein Vater kann meine Schritte und Thaten sehen und beurtheilen: ich will nichts thun was nicht die die ganze Welt soll wissen können; nur die lästernde Zunge, die selbst die Tugend von der ich mich noch weit fühle, schwarz machen kann, nur die soll mich nicht anklagen. Und izt6 bester Vater bitte ich tausendmahl auf meine Lebensweise, die ich Gott Lob bis izt6 geführt habe und immer führen werde, hinführo recht Acht zu haben, jedermann der mich kennt um meine Schritte zu fragen, und ich bin überzeugt. daß mich Euer Gnaden in einer kurzen Zeit wieder gänzlich so lieben müssen wie vorher. — Auch izt6. nicht war?[12] – sind Euer Gnaden nicht böse auf mich — doch der Brief war ein wenig zu hart. — er that mir sehr weh – ich habe ihn wirklich nicht verdient — und dennoch liebe ich meinen besten Vater nur noch mehr, den9 so gut meint es ja mit mir dieses gute Väterliche Herz. — Gott segne Euer Gnaden. — Gott gebe. daß uns das Schicksall nie trenne. — allein ich kann nicht mehr. die Trähnen sind mir in Auge als ich diesen Brief schließe. — Ich lebe schlecht. — vergessen Euer Gnaden ja nicht mir täglich2 in Gedanken den Väterlichen Segen, den einzigen Trost den ich haben kann, zu schicken. — Oh ich bitte vergessen Euer Gnaden ja nicht

den dankbarste Sohn Stephan.


[1] Gnaden

[2] Insterted afterwards.

[3] certificate

[4] 12ten

[5] floins

[6] A variant of the archaic form ‘itzt’ of the determiner ’jetzt’ used by Széchenyi.

[7] Instead of Verwegenheit.

[8] Glas

[9] Instead of denn.

[10] The archaic form of the adjective ‘gescheit’.

[11] séjour, French: staying.

[12] Instead of wahr.


[a] The letter is not known.

[b] Including this letter, only 9 are known.

[c] Ferenc Szalay, estate treasurer.

[d] See his note in Döbling. (Viszota Gyula: Gr. Széchenyi István elmeállapota és halála. https://real.mtak.hu/190092/1/itk_1933_1_001-029.pdf)

[e] In his letter of 21 July, he wrote his father that he had entertained some of his fellow officers. His father apparently disapproved it.

[f] Only the letter dated July 21 is known.

Recommended reference:

István Széchenyi to Ferenc Széchényi, Világos, 12 September 1810. Edited and annotated by Szilvia Czinege. Published in Correspondence of István Széchenyi. Digital edition. Edited by Szilvia Czinege and Zoltán Fónagy. https://szechenyilevelezes.abtk.hu/ Abbreviation for further references: SzIL-Digit.

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