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Recipient Ferenc Széchényi
Place of Writing Saint Cloud
Date 1814. April 12.
Language German
Tag military money
Location of Preservation MNL OL P 623 A-I.-9.-No.43/51.
Place of Publication Zichy 131-133.
Classification Original
Content Summary

He doesn’t write recent news because everything is in the papers now anyway. He pities the excellent French generals who are now being discredited. He has spent an awful lot of money in the last six weeks, and yet he is in need of everything. His friends are in a similar situation, so he cannot even ask anyone for a loan. So he asks his father for a bill of exchange, to sweeten the few months he has left and to forget all the misery he has experienced. He notes that his stay in Paris is costly, because, like his companions, he has neither room nor board with the general, while he does not even have a good shirt. He would be glad if his father could arrange a transfer of the money in bills of exchange with the Geymüller brothers, otherwise he could have difficulty getting the money.

Ferenc Széchényi

Geschrieben in S. Cloud[a] den 12 April 1814.[1]

Da sitze ich den[2] ganz allein in dem himmlischen Schloß der ehemaligen Königen des herrlichen Frankreichs! — Die stille Einsamkeit, die, so schöne Lage meiner Wohnung – Die wunderlich verstrichenen Begebenheiten, die blühende Aussicht in die Zukunft, ach! alles stimmt mich zu einer frohen Wehmuth. dessen Gefühl umbeschreiblich[3] ist — Die Umschaffung ganzer Staaten, die frey gewordene Menschheit, der natürliche Wirwarr, der aus allen diesen unglaublichen Begebenheiten entstehen mußte, setzt mich in Staunen und Schrecken – ich weiß nicht ob’s Traum, ob es Wirklichkeit sey: und so wie die auf ein ander folgenden Zufälle. den Willen der Menschen mit sich fortreißen, eben so sind wir noch jetzt, ohne es zu wissen, das Werkzeug, der höchsten Macht — . — Wie wenig braucht man zu seyn, mein guter Gott, um von uns Menschen Groß[4] genannt zu werden! Ein neues Beyspiel,. ‒ Wie oft zitterten wir, das wollen wir nun schon ehrlich gestehen, wenn wir die Nachricht hatten „Napoleon ist selbst da1 – Die rundesten Gesichter wurden wie – Lineal‘s —, und nun wie endet dieser Held? — ich kann’s beynahe nicht glauben, und es macht mich melancholisch, daß so ein Feldherr so enden muß.[b] Neues will ich meinen guten Eltern dahero gar nichts schreiben, den2 die öffentlichen Blätter. sagen ohnehin alles, und reden endlich die Wahrheit, und es macht mich traurig so viele herrliche Soldaten, wie den2 alle diese französischen Generäle insgesamt waren, so schlecht zu sehen — den2 bin ich einem Räuberhauptmann im Glück gewogen, so kann er in Unglück auf meine ewige Treue rechnen – so denke ich einmal ——

In hinsicht meines Geldes und Habseligkeiten ist’s allein wo es mir schlecht geht, den2 ich habe nichts, und bedarf alles — übrigens habe ich in denen letzten 6 Wochen so ein ungeheures Geld ausgegeben, und auch meine Freunde, daß Sie mir unmöglich helfen können, wollen also mein guter Vater mir helfen, daß ich mir an Kleider und Uniforms und einer guten Lebensart, die einige Monathe die wir hier zubringen werden versüße, um die vielen unangenehmen rauhen Täge der Vergangenheit einigermassen zu vergessen, so bitte ich mir einen Wechsel4 an was immer für ein Haus in Paris zu senden, um das ich mir das nöthige schaffen könne. Indessen mache ich meinen guten Vater die Bemerkung, daß ich so wie alle übrigen andern alle Tag in Paris seyn müssen, kein Quartier keine Nahrung enfin[5] gar nichts von Fürsten[c] bekommen — und dadurch ungemein viel Geld ausgeben müssen, und daß ich kein gutes Hemd in meinen Vermögen habe – — Über alles dieß werde ich meinen lieben Eltern diesen Tage weit und breit schreiben, Indessen ich Ihnen versichere, und mein Wort gebe, daß ich nicht einen Groschen verschwenden werde, sondern stets Ihre liebe und Segen, und den Beyfall und Zufriedenheit meines guten Fürsten zu verdienen suchen.

Wenn mein guter Vater[6] in hinsicht des Wechsels der auf Conventionz Münz seyn müßte mit die Geymüllers[d] es bereden wollten, so wäre ich ganz ruhig, den2 sonst sehe ich kein Mittel ein wie ich von Wien hierher Geld bekommen könnte — den2 meine viele Freunde die ich besitze sind sehr guten Menschen aber alle in diesem Augenblick so wie ich ganz erstaunt4 arm.

Morgen schreibe ich Euer Gnaden einen langen ausführlichen Brief über alles dieß,[e] und ende da ich keine andere Feder bekommen kan als die von Silber mit der ich schreibe und die mich bis zum Tode werden schon quält.

Meiner guten Mutter küsse ich tausendmal die Hände.


[1] Széchenyi’s underlining with wavy line.

[2] Instead of denn.

[3] Instead of unbeschreiblich.

[4] Széchenyi’s underlining with two straight line.

[5] French: in the end.

[6] Inserted afterwards.


[a] Saint-Cloud, a French town on the left bank of the Seine, near Sevres. A popular destination for Parisians, it is one of the most beautiful country residences of French kings.

[b] At the time of writing, Széchenyi was obviously aware that Napoleon had abdicated the imperial throne on 6 April, and that Wellington had defeated the last to resist, Marshal Soult, on 10 April, and forced him to surrender at Toulouse.

[c] Prince Karl Schwarzenberg (1771–1820) Austrian field marshal.

[d] Geymüller & Co. The Vienna banking house of Swiss bankers Johann Heinrich Geymüller (1754–1824) and his brother Johann Jakob Geymüller (1760–1834).

[e] The letter is not known.

Recommended reference:

István Széchenyi to Ferenc Széchényi, Saint Cloud, 12 April 1814. Edited and annotated by Szilvia Czinege. Published in Correspondence of István Széchenyi. Digital edition. Edited by Szilvia Czinege and Zoltán Fónagy. https://szechenyilevelezes.abtk.hu/ Abbreviation for further references: SzIL-Digit.

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