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Recipient Ferenc Széchényi
Place of Writing London
Date 1815. November 1.
Language German
Tag military travel
Location of Preservation MNL OL P 623 A-I.-9.-No.44/53.
Place of Publication Zichy 173–175., Kovács-Körmendy-Mázi-Oplatka 38-39.
Classification Original
Content Summary

He returned an hour ago from his trip to the countryside, which he describes in detail. He saw the archdukes, who are leaving on a tour of the country today. For the time being, he is staying in London, eagerly awaiting a letter from his parents – he has only received two letters so far, and is very pleased with the land purchases in Nagycenk, but this is precisely what may prevent him from realising many of his plans. Schwarzenberg has promised him a whole year’s leave, so he can spend the winter and summer in Nagycenk and Somogy, but there he will also have to tighten his belt to make up for his unavoidable expenses here. In the meantime, there have been promotions in the army; luck has not been on his side, but he is resigned to this because he has done everything he could in the service of his country and the emperor and is perfectly satisfied with his rank of captain.

Ferenc Széchényi

Geschrieben in London den 1 Novemb.[1][a]

Mein guter Vater – vor einer Stunde bin ich von meiner kleinen Landreise zurückgekommen. Wie schön ist das Land wo ich war – und wie unendlich verschieden sind die Gebäude, Felder. und selbst die Gegend von allem was ich bis izt[2] sah – : ich muß mich wirklich vor der Perfection dieses Landes beugen – und alle Tag mehr und mehr gestehen, daß ich mit der Lebensart, denen Sitten – und denen Gebräuchen eines so freien Staates – beinahe ganz einverstanden bin –. Wie wenig unglückliche Menschen findet man in dieser Gegend – wo eher das Volk mit den Adel zu vermischen – der gemeinste – der letzte Knecht — die nämliche Rechte. die selben Ansprüche, glücklich zu sein, hat – wie der größte der[3] reichste Mann ~ Diese Gleichheit[4] ist ein großes Glück = und bis jetzt hab‘ ich’s nur für möglich4 gehalten — sie zu finden –. Jetzt seh ich’s aber, daß es wirklich ist –. Man kann auch dieses gewiße Verhältniß zwischen dem Diener und Herrn, auf welches sich – das Recht jedes einzelnen individuums basirt in keinem anderen Lande erzwecken – Die Insel – der Character der Nation und noch hundert andere Ursachen, die wohl jeder Mensch kennt, der einmal in England war, machen es unmöglich – daher finde ich auch, daß die Imitation1 der Engländer – aus Liebe zur Nationalität eine der ungeschicktesten Dinge sind, die wir thun können — Nach diesem Model kann sich keine andere Nation formiren – ich glaube eben in der entgegengesetztesten Verschiedenheit – wäre die wahre pointe viel besser gefunden . – . —

Die Erzherzogs[b] die ich heute sah, gehen dieser Tage ab: – ich bin entschieden nicht mit Ihnen zu gehen – da ich, wie Euer Gnaden, aus meinen letzten Brief ersehen haben, Ihnen zu sehr ungelegen sein würde – da Sie 3 Wägen nur haben, und alle jene Plätze bereits genommen sind – und um mein eigenes Geld – wie ein Narr nachzufahren, fand ich auch nicht eben sehr piquante — ich bleibe also für den Moment hier – da ich das doch für das vernünftigste und zweckmäßigste halte – und warte mit Ungeduld auf meiner lieben Eltern Briefe deren ich bis jetzt nur zwei erhalten habe – die mich dan in allen meinen Projecten und Plänen leiten werden – Daß Zinkendorf gekauft ist freut mich ungemein[c] – es ist aber eben das was mich in so vielen Ideen die ich hatte, hindert = da ich nun einen Urlaub auf ein ganzes Jahr ganz sicher haben werde, so versprach Fürst Schwarzenberg[d] mir selbst, so werde ich in der möglichkeit sein – in Zinkendorf und Somogy wo ich den Winter – und Sommer zubringen will mich[5] so einzuschränken, daß alle meine Ausgaben – die ich hier nicht ausweichen kann – wieder eingebracht werden – . Ich kann aber nicht sagen, in welcher Verlegenheit ich darüber bin, meinen guten Eltern die kleinste Sorg zu geben – die Sie natürlicher Weise haben müßen – und besonders – da ich Ihnen mein ganzes Glück, so wie es kein anderer Sohn sagen kann. zu danken habe. Der liebe Himmel schenke Ihnen tausendfachen Seegen! – Guter, lieber Vater, sagen Euer Gnaden mir nur ein Wort über alles das – und ich werde dankbar – jeden Wink meiner guten Eltern folgen.

In der Armée war ein avancement,[6] so höre ich, – mir hat das Glück nicht gewollt = da ich mir aber keinen besondern Vorwurf machen kann – und meinem Lande und Kaiser, so gut diente – als es möglich war – so bin ich lieber das, was ich bin, mit gutem Gewißen – als so wie ander mehr zu sein, als sie wirklich verdienten – übrigens hat auch da die Vorsicht für gesorgt ~ und die Compagnie derer – denen nicht alles nach dem Sinn und den Wunsch geht – ist so groß und so respectable, daß man nicht ganz unzufrieden sein kann in der selben sich zu befinden – Übrigens wird Gelegenheit – wenigstens für uns Kriegsmänner genug geben – um das Glück bei ihren Haaren zu uns zu ziehen – wenn[7] sie nicht gutwillig zu uns kommen will. — ich bin also vollkommen zufrieden mit der Rittmeister Stelle.

Küße die Hände nun und bitte um den Seegen meiner lieben Eltern. Steph


[1] Széchenyi’s underlining with wavy line.

[2] A variant of the archaic form ‘itzt’ of the determiner ’jetzt’ used by Széchenyi.

[3] One letter deleted.

[4] Széchenyi’s underlining with straight line.

[5] Inserted afterwards.

[6] French: promotion.

[7] One word deleted.


[a] The letter was written in 1815 due to its content. See the previous letters! 

[b] Archdukes János and Lajos, who came to England on a study trip.

[c] On 31 August 1814 Széchenyi received his father’s house in Nagycenk with the six parishes belonging to it. For 40,000 forints, Liebenberg redeemed the land outside the estate from the four serf villages belonging to the manor and started investments. Kovács–Körmendy–Mázi–Oplatka 38–39.

[d] Prince Karl Schwarzenberg (1771–1820) field marshal.

Recommended reference:

István Széchenyi to Ferenc Széchényi, London, 1. November 1815. Edited and annotated by Szilvia Czinege. Published in Correspondence of István Széchenyi. Digital edition. Edited by Szilvia Czinege and Zoltán Fónagy. https://szechenyilevelezes.abtk.hu/ Abbreviation for further references: SzIL-Digit.

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