image-default-image
Recipient Ferenc Széchényi
Place of Writing Troyes
Date 1814. February 12.
Language German
Tag military money
Location of Preservation MNL OL P 623 A-I.-9.-No.43/43.
Place of Publication Zichy 117–120.
Classification Original
Content Summary

Nightmares of the night in the swamp still haunt his sleep. He informs his father of the state of the war, which may be prolonged due to the failures of their allies. He also says a few words about his finances: he has not yet been informed of the roughly one thousand and two hundred forints that were transferred from his home to the Bethmann house as quarterly apanage for his monthly needs in January, February and March. Banker Herz is the only one at headquarters who deals with transfers, but he too is now absent due to the unexpected death of his brother. Until Herz returns, he has the 150 ducats that he has withdrawn from Leitersdorf to pay the transfer.

Ferenc Széchényi

Geschrieben in Troyes[a] den 12 Februar 1814.[1]

No 18.[2]

Meine Ruhe, nach der gewißen romanhaften Erzählung meiner Reise auf die feindlichen Vorposten,[b] gleich einer Seeligkeit. die Menschen empfinden können, die lang mit denen Wellen des Schicksals kämpfend Unstätt in der Welt herum getrieben werden, vielen Abentheuern und Gefahren entronnen, endlich ihrer Heimath in kühler Abenddämmerung – durch wunderbare, räthselhafte Wege entgegen eilen – Alles finden sie in alter, gezierter Ordnung wieder, und die Freunde, und die Angehörigen lieben ihn. schätzen ihn noch – wenige Momente sind genuch[3] um die ganze Reihe unangenehmer schmerzvoller Täge[4] ihm vergessen zu machen,[5] und der kleinste Genuß des Lebens giebt ihn die Wahl der manigfaltigsten, unzählbarsten Freuden, — So war’s mir auch – und im Schlafe oft erschrack ich über den tiefen Morast in den ich lag, und ein kalter Schauer zükte aus dem Schlafe mich, und ich — ach, diese Empfindung, war — im Bette: so trieben die wunderlichsten Träume, bald eine Unglücks Gestallt mir zeigend, bald den Engel, der bis jetzt mich beschützte, sich unaufhörsam in mir fort — mich erschreckend, belohnend, beglückend gleich wieder: ich sah meine guten lieben Eltern. – Die liebliche Zukunft, die mir lächelte, ich sah, wie wonne trunken ich an mein Herz Sie drücke, wie viele schöne seelige Augenblicke ich mit Ihnen durchleben werde. Da war es mir so lieb so wohl, kein erschreckender Traum unterbrach diese Empfindung, und wie ihm[6] seeligen Taumel, wie in dem Vorgeschmack meines künftiges Glück’s war ich tief bis zu den Morgen, in diesen schönen Schlaf versunken – .

Jetzt sehe ich etwas finsterer; den durch einige unangenehme Vorfälle unserer Alliirter, durch welche Mars ihre Tapferkeit, und besonders Ihre Beharrlichkeit2 vieleicht etwas zu stark auf die Probe setzte, sehe ich das Ende dieses grausamen Spiel’s, noch weit und beynahe unabsehbar vor mir liegen.[c] „Mehr als dieß darf ich nicht sagen, den[7] sonst hält ein gut denkender1 patriotischer2 Kanzelist oder Postmeister meinen Brief auf, und denkt, der Beneidenswerthe! Wunder, welchen Nutzen er Seinem Staate durch Vernichtung solcher Blätter verschafte, die unsere Wiederwärtigen[8] Schicksale enthaltend und gestehend, zur größeren Tapferkeit uns mahnen, und in dem größten Unglück nie eine muthlos geschriebene Zeile enthalten. — — Unglücklich das Land, wo der Bürger seine und seines Vaterlandes Wiederwärtige[9] Augenblicke nicht wissen, nicht kennen darf – – – jämmerlich der Soldat dessen Muth bey der Gefahr nicht wachst. — — So ist es bey uns, und stellt man uns eine Falle, und man fängt uns bey den kleinen Fingern, so sind wir so gute, ehrliche Leute – und glauben, daß auch der Kopf schon beym Teufel ist. — „Blücher[d] hat eine nicht ganz brillante Affaire gehabt – da er viel schwächer war „voilà tout.[10] — nach denen ungewißen Nachrichten, die wir von seinen Corps haben, leidete er viel – sein Verlust mag auch bedeutend seyn – er gieng viel zuruck. — das ist alles, und über diesen kleinen Vorfall – haben wir die Courage in etwas verloren – und sitzen hier, gehen in die Comödie, speißen Caviar und Austern, anstatte den Feind mit aller Wuth anzugreifen brawo! — und wäre Schwarzenberg[e] und Metternich[f] nicht, diese beyden Menschen, die für uns von Gott verlassenen Östereichern, ganz Lichtsterne sind – so glaube ich daß der Kaӱser Alexander[g] einen Schritt zuruckwagen2 — gerne wollte.[h] Indessen die ganze Sache eine lächerliche Geschichte ist – den7 ich setze den Fall, daß das ganze Corps von Blücher sammt seiner zusammen schmelzen würde, ich deshalb gar keinen Verlust, auf das allgemeine zugeben könnte; und dieß zu denken wäre lächerlich

So bald hierüber einige Aufklärung vorhanden seyn wird, so werde ich Euer Gnaden einiges davon berichten, überzeugt, daß der Censor der Briefe meine papiere lassen wird, da er wohl sehen muß, daß ich meinen Kopf auch bey schwierigen Augenblicken nicht verliere und an solche Menschen schreibe die ihr Herz behalten, und durch wiederwärtige9 Momente, zum besten nur angefacht werden. —

In hinsicht der Gnade die mein guter Vater für mich hatten, mir zu erlauben, von die Herrn Bethmann’s[i] mir das Nothwendige geben zu lassen schrieb ich Euer Gnaden, in einen meiner letzten Briefe. Von die 12 hundert etlichen Gulden, die Euer Gnaden für die Monathe Jäner, Februar und März als Quartal mir gütigst an das obbenannte Haus Bethman, anwiesen, bekam ich bis zu dieser Stunde, aus sehr natürlichen Ursachen, keine Nachricht In unsern Hauptquartier ist auser dem Banquier Herz2[j] kein Mensch, der solche Geschäfte, nämlich die „der Geld Umsetzung „ macht, und der ist wegen den schnellen Todfall seines Bruders nicht hier; das einzige Mittel war ihm also zu schreiben, welches ich that,[k] und bis jetzt keine Antwort erhielt. – Indessen ist auch dieß Geschäft so gut, wie in der Ordnung, da mir Herr Leitersdorfer[l] a Conto der obbenanten 12 hundert Gulden, bis jetzt 150 Ducaten gegen Schuldschein vorstreckte, die den gegen die 1200 gulden, die der Herr Banquier Herz,2 der selbst in Frankfurth seyn soll, fürwahr schon in Händen hat, aquittirt werden können.

Meiner lieben guten Mutter küsse ich die Hände, und bitte um den Segen. Steph


[1] Széchenyi’s underlining with wavy line.

[2] Széchenyi’s underlining with straight line.

[3] Instead of genug.

[4] One word deleted.

[5] Inserted afterwards.

[6] Instead of im.

[7] Instead of denn.

[8] Instead of widerwärtigen.

[9] Instead of widerwärtige.

[10] French: that is all.


[a] A town on the Seine in northeastern France.

[b] Napoleon, marching north from Troyes, defeated Blücher several times during those days. Széchenyi refers either to the battle of Champeaubert of 10 February or Montmirail of 11 February.

[c] Napoleon thought he had destroyed Blücher’s army, but this proved to be untrue. See the letter of 6 February 1814.

[d] Baron Gebhard Leberecht von Blücher (1742–1819) Prussian cavalry general.

[e] Prince Karl Schwarzenberg (1771–1820) Austrian field marshal.

[f] Prince Klemens Wenzel Lothar von Metternich (1773–1859) was an Austrian statesman, Foreign Minister of Austria from 1809, chancellor of state (1821–1848) and a leading figure in Austrian politics.

[g] Alexander I (1777–1825), Russian tsar (1801–1825).

[h] His ironic remark refers to the fact that it was well-known that Tsar Alexander I always advocated a vigorous attack.

[i] Simon Moritz Bethmann (1768–1826) banker in Frankfurt.

[j] Herz banker in Prague.

[k] The letter is not known.

[l] Leitersdorfer was a banker. For the financial dealings with the bankers named in the letter, see also the earlier letters of 5, 13, 21 September 1813, 13 October 1813, 17 November 1813, 21, 23, 3, 7, 9, 17, 20 and 23 December.

Recommended reference:

István Széchenyi to Ferenc Széchényi, Troyes, 12 February 1814. Edited and annotated by Szilvia Czinege. Published in Correspondence of István Széchenyi. Digital edition. Edited by Szilvia Czinege and Zoltán Fónagy. https://szechenyilevelezes.abtk.hu/ Abbreviation for further references: SzIL-Digit.

PDF Generation